Interview profans.de

Interview Green Lions für die Aktion „Pro Fans“ gegen Repression im modernen Fußball

Im Zuge dessen kam es zu einer Ausstellung in St. Pauli im Mai 2006 (vor Beginn der Fußball WM)

1. Welchen Beschränkungen sind die Fans in Bezug auf Mitnahme von Fanutensilien in die Stadien ausgesetzt? Inwiefern werden Unterschiede zwischen Heim- und Auswärtsfans gemacht?
Grundsätzlich gibt es bei uns keine so großen Schwierigkeiten wie in Deutschland. Megafone und Trommeln sind bei uns zum Glück noch nicht verboten. Fakt ist aber dass es von Stadion zu Stadion sehr unterschiedliche Regelungen gibt. So bist du als Auswärtsfan in Ried durchaus einer genaueren Kontrolle ausgesetzt wie zum Beispiel in Mattersburg. In Ried wird teilweise sehr streng auf die Länge von Fahnenstangen geachtet (1.30 m Scheiße etc.) Ein Extrembeispiel lieferte im vergangenen Herbst Red Bull. Bei unserem ersten Gastspiel in der Bullenkommerzarena wollte man uns Spruchbänder und Transparente am Zaun zunächst gänzlich verbieten. Mit ein bisschen Nachdruck hat es dann doch hingehauen, das nächste Mal waren die Kontrollen nicht mehr so repressiv, man hat aber gesehen dass es erste Vorstöße hin zu bei weitem noch strengeren Kontrollen gibt.

Unterschiede zwischen Heim- und Auswärtsfans kann man insofern ausmachen, als dass wir bei Heimspielen natürlich vom guten Verhältnis zum Verein profitieren, der uns in vielen wenn auch bei weitem nicht allen Anliegen ganz gut unterstützt. Zu Hause gibt es bei den Kontrollen eigentlich nie Stress, die Polizei hält sich gänzlich im Hintergrund, im Auswärtseck bei uns schaut es da schon anders aus.

2. Gibt es bei euch Stadionverbote und/oder eine staatliche Datensammelstelle für „potenziell gefährliche“ Fans?
Ja die gibt es. Die so genannte Hooligan Datei wurde im vergangenen Dezember im Zuge einer Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes gesetzlich verankert. Bei der Erarbeitung eines Konzeptes gab es einen regen Erfahrungsaustausch mit den Nachbarn aus Deutschland. Die Datei soll ähnliche Zwecke erfüllen und wurde vor allem im Hinblick auf die EM 2008 erstellt.

– Für welche „Vergehen“ kann Stadionverbot ausgesprochen werden?
Die Stadionverbote die bei uns Existieren sind zum Großteil auf Pyroaktivitäten zurückzuführen. Nicht zuletzt aufgrund des „Skandalderbys“ im letzten Herbst hat die Exekutive ein besonderes Auge auf uns. Damals regnete es gleich einige halbjährige Verbote. Am schlimmsten sind die Strafen wenn du beim Zünden von Böllern und beim Abschießen von Leuchtstiften erwischt wirst. Da gibt es keine Kompromisse. Wer beim Zünden von Fackeln erwischt wird, wird aufgeschrieben aber nicht sofort verbannt, da geht es vielmehr um die Summe der Delikte und ob du sonst noch auffällig geworden bist. Rauch ist eigentlich egal.
Manche aus der Kurve haben auch Verbote wegen anderer Delikte. Einer derzeit weil er einen Ordner mit der Faust ins Gesicht geschlagen hat. Ein anderer bekam wegen Ausschreitungen bei der Meisterfeier im letzten Jahr ein halbjähriges Verbot weil er dabei erwischt wurde wie er Gegenstände auf die Polizei geschossen hatte.

– Welches Ausmaß kann das Stadionverbot annehmen (Dauer, örtliche Begrenzung)?
Einer aus unserer Gruppe wurde erst kürzlich beim Abschießen eines Leuchtstiftes erwischt und bekommt dafür aller Voraussicht nach 2 Jahre. Da kann man dann natürlich auch noch verhandeln. Generell wird die Handhabe aber immer strenger. Die Stadionverbote gelten dann für die gesamte Bundesliga. Einer unserer Gruppe hat aber beispielsweise Hausverbot im Linzer Stadion. Ist eine lustige Geschichte, wollte ein Transparent stehlen und wurde von der Exekutive im Stadion erwischt. Anzeige per Amtsweg brachte dann ein einjähriges Stadionverbot auf der Gugl. Generell ist so was aber eher selten.

– Wodurch kann man in der Datensammelstelle geführt werden?
Die Datei gibt es eigentlich noch nicht so lange, als dass man genau weiß wie was funktioniert. Fakt ist aber dass bei einem Mob nach dem letzten Derby 75 Leute, darunter auch einige unserer Gruppe, beim Sturm auf das Clublokal der Austria von der Exekutive eingekesselt und danach einzeln abfotografiert wurden. Datenaufnahme und was halt so dazu gehört inklusive. War natürlich wegen der Hool – Datei. Inwieweit jemand sofort in der Datei steht, wenn er bei einem Spiel von einem Fankontaktler aufgeschrieben wird kann ich nicht sagen, nahe liegend ist es aber allemal.

– Welche Folgen kann der Eintrag haben?
Wie gesagt, Sinn und Zweck wie bei euch. In Österreich arbeitet man auf die EM 2008 hin, da ist es vorrangiges Ziel die Leute, die für „Unruhe“ sorgen könnten zu identifizieren und je nach schwere der erfassten Delikte werden die Leute halt ausgeschlossen oder vor den Hochsicherheitsspielen kontaktiert werden („aktive Gefährderansprache“, ist ja auch bei euch so)

3. Nennt drei typische Bespiele für polizeiliches Verhalten gegenüber Fans (z. B. Polizei-Begleitung zu Auswärtsspielen)
Hab weiter oben schon ein paar Geschichten aus dem Alltag angeführt. Egal wo wir sind, das Polizeiaufgebot ist immer enorm. Bei den Derbys ist es so, dass wir keinen Schritt nach dem Spiel mehr machen können ohne dass uns eine Horde an Polizisten verfolgt.

Der Fankontakt ist natürlich auch bei jedem Spiel mit von der Partie, besonders interessant bei Testspielen, da versuchen sie die Szene genau zu erforschen, was oft schon sehr offensichtlich praktiziert wird.

Bei Heimspielen gibt es keine Polizei direkt im Sektor, die hält sich zurück, das ist eine Übereinkunft mit dem Verein, dass wir das so wollen und der Verein hat das akzeptiert. Selbstverwaltung als oberste Maxime.

Hervorzuheben auf jeden Fall die „Einkesselung“ beim Derby im Herbst, da wollten sie einfach um jeden Preis unsere Daten (siehe weiter oben)

Kämpfe im Sektor mit der Polizei sind meist harmlos oder gar nicht vorhanden. Das letzte Mal auch beim Derby im Herbst, wo die WEGA eingeschritten ist, bis auf ein paar Gummiknüppel ist aber weiter nix passiert.

4. Wie arbeiten die organisierten Fans (Ultras) bei euch vereinsübergreifend zusammen? Welche Aufgaben und Ziele hat dieses Bündnis?
Da gibt es immer wieder ganz gute Ansätze. DEN vereinsübergreifenden Zusammenschluss gibt es nicht. Meist ist das ziemlich anlassbezogen wie zuletzt im Herbst im Zuge der Proteste gegen Red Bull. Da hat sich jede Kurve mit Spruchbändern beteiligt.
Eine ganz bedeutende Aktion war „Die Kurve gehört uns“. Da wurden die aktuellen Probleme in Summe angesprochen und Forderungen erarbeitet. Eine eigene HP wurde ins Netz gestellt und eine Aktionswoche mit T Shirts, Choreos und Spruchbändern ins Leben gerufen. Bis auf wenige Ausnahmen haben sich alle beteiligt. Auch das Medienecho war da, leider ist nach diesen Aktivitäten alles wieder eingeschlafen.

5. Was tut Ihr gegen Beschränkungen, Verbote, Repression (z.B. Spruchbänder, Demos) einzeln/regional/landesweit? Wie unterstützen euch die Vereine bei euren Forderungen/eurer Arbeit?
Unsere Kurve ist da mit Abstand am Aktivsten. Derzeit geht es vor allem um Stadionverbote. Die Tendenz ist steigend, mit Spruchbändern protestieren wir und bekunden Solidarität. Zusätzlich gibt es ein eigenes Transparent „sez. Stadionverbot“.
Des Weiteren werden immer wieder Choreos zur Problematik Repression gestaltet. Ein Auszug aus den Messages: „DIE PIRATEN DER LIGA IM KAMPF GEGEN DEN MODERNEN FUSSBALL; DER KAMPF DES GUTEN GEGEN DAS BÖSE IM FUSSBALL KENNT NUR EINEN SIEGER… (unser Logo), MAGNA, RED BULL, SUPERFUND, DIE GANZE LIGA VERKAUFT SICH- DIE GANZE LIGA ?,….. die Reihe ließe sich beliebig fortführen.

Andere Kurven sind da beinahe nicht erwähnenswert, viele sind mit Vereinsinternen Problemen mehr beschäftigt (Sturm).

An eine Demo kann ich mich eigentlich nicht erinnern, so wie ich unsere Szene in Österreich einschätze liegt so etwas auch in weiter ferne. Wir bräuchten einmal einen dauerhaft eingerichteten Dachverband, dann ließen sich auch solche Aktivitäten durchführen. Warten wir aber mal ab was sich 2008 so alles tun wird. Vielleicht ist dann die Zeit reif dafür.

Bei unseren Aktivitäten legt uns der Verein keine Steine in den Weg, ich weiß aber dass das eine Ausnahme ist. Negativbeispiel ist da Pasching alias FC Superfund. Da haben die Fans beim Spiel gegen Red Bull ein Spruchband präsentiert mit folgender Aufschrift: WILLKOMMEN BEIM KOMMERZGIPFEL“, dies nahm der Präsident von Pasching zum Anlass den Fans ihre Räumlichkeiten im Stadion wegzunehmen und sie öffentlich dafür zu kritisieren. Daraufhin ist der Capo der Gruppe, seines Zeichens auch Fanbeauftragter zurückgetreten. So würde es auch bei Red Bull Salzburg zugehen, nur die von dort sind keine Fans. Alles subventioniert und künstlich inszeniert. Die haben schon Spruchbänder wie „OHNE MOOS NIX LOS“ präsentiert. Da kann man eh nix mehr sagen…

Kommentare sind geschlossen.