Mentalita

Im Lebenszyklus einer Gruppe entwickeln sich nach und nach Verhaltenscodices, die von allen akzeptiert und von Neuankömmlingen rasch internalisiert werden müssen, wollen sie den Integrationsprozess in die Gruppe beschleunigen. Auf welchen Kanälen diese Mentalita an zukünftige Generationen weitergegeben wird ist unterschiedlich. In kleineren Gruppen ist es der Kern an Gründungs- und Elitemitgliedern, der direkt auf die neuen Rohdiamanten einwirkt, größere Gruppen verfolgen hier häufig das Konzept der relativ eigenständigen Jugendgruppe mit Teilcapo, der in seiner Dreh- und Angel Funktion zwischen Vergangenheit und Zukunft oftmals als die größte Hoffnung der Gruppe aufgebaut wird.

Aus welchen Quellen sprudeln nun aber jene Codices, die es Wert sind an zukünftige Generation weitervererbt zu werden? – In der Anfangszeit der Ultrabewegung bestand die regelgebundene Standortbestimmung der Bewegung darin, Dossiers, Manifeste oder ähnliche Publikationen zu verbreiten, die Leitfaden und Verhaltensschablone sein konnten, um der eigenen Szene diese Mentalität zu verleihen. Die Erstellung von Fanzines spielte dabei eine entscheidende Rolle, war es doch möglich damit einem relativ großen Kreis die Gedanken und Ziele der neu entstandenen Gruppen zu transportieren. Internet war damals wohlgemerkt nicht verfügbar und wurde erst in den 90iger Jahren zum adäquaten Kommunikationsmittel, was wiederum die Krise der gedruckten Szeneblätter erklärt.
Die Entwicklung von Mentalita war letztlich überall geprägt vom dualen Zusammenwirken traditioneller und fundamentaler Werte. Tradition mit dem Blick auf den eigenen Verein, den Erhalt von Werten und Tugenden. Beispiele dafür können Vereinfarben- und sitz – also die hard facts eines Vereins- sein, ohne die Identifikation und Fantum nicht entstehen können. In weiterer Folge aber auch der Umgang mit Fans und Ultras im Gesamtkomplex Fußball. Hier sammeln sich Werte und Ansichten, die heute im Kampf gegen die Sportindustrie und gemeinhin den modernen Fußball zum Ausdruck kommen. Tradition als Erhalt von Werten ohne die ein Überleben der aktiven Ultrabewegung nicht möglich wäre. Hier findet sich auch die Abgrenzung zum konservativen Weltbild, Ultras sind offen für neues, für Veränderungen, nur können sich diese lediglich im Rahmen des eigenen Wertesystems realisieren lassen, was den Charakter von Ultra als Bewegung determiniert. Etwas soll verändert werden, hin zu einem traditionsbewussten Fußballsport, in dessen Mittelpunkt der Fan, der Ultra steht.
Als fundamental sind jene Codices zu bezeichnen, die Kompromisse und auch nur geringe Abweichungen der vorgegebenen Linie ausschließen. Ultra ist man nicht an einem bestimmten Tag in der Woche, Ultra ist man 24 Stunden täglich, Lebenseinstellungen sind vor diesem Hintergrund nicht verhandelbar.

Aus dieser kurzen Analyse heraus, wird sich kein seriöser Mensch hinreißen lassen, eine taxative Auflistung von Codices zu verlangen. So vielfältig und bunt die Ultrabewegung weltweit ist, so kreativ und unterschiedlich sind auch ihre Verhaltensmuster. Einzig das Grundgerüst und die Bauelemente verändern sich nie!
In diesem Sinne

TRADITIONALISITEN
FUNDAMENTALISTEN
RAPID WIEN

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