Ausgesperrte mit uns

Das Jahr 1989 ist vielen Historikern, Politinteressierten und vor allem der betroffenen Bevölkerung mit Sicherheit für immer ein Begriff. Der Fall des Eisernen Vorhanges läutete eine umfassende politische Wende in Europa ein.
Standortwechsel Italien: als im selben Jahr in Rom die ersten Stadionverbote gegen Ultras der Laziali ausgesprochen werden, ahnt noch niemand welch weitreichende Konsequenzen dieser Entscheid für die Szene auf dem ganzen Kontinent nehmen sollte. Binnen weniger Jahre wird dieses Konstrukt der Bestrafung von Normübertretungen im Rahmen von Fußballspielen zu einem der verbreitetsten Methoden der Polizei und der jeweiligen Verbände im Kampf gegen „Kriminalität“ am Fußballplatz.
In Österreich erstmals urkundlich erwähnt und somit importiert wurden Stadionverbote im Sommer 2002, als es im Rahmen eines Testspiels zwischen Arsenal und eben unserer geliebten Rapid zu Auseinandersetzungen mit der Exekutive kam und daraufhin 7 Fans aus dem Block West für ein Jahr ausgesperrt wurden.
Anhand des kurzen zeitlichen Abstandes zur Gegenwart wird deutlich, wie schnell sich Stadionverbote als probates Mittel etablierten und heute zum Alltag vieler Kurven wurden.

Dabei entbehren Strafen dieser Art jeder rechtsstaatlichen Relevanz, werden doch dieselben Vergehen – so sie zivil- oder strafrechtliche Tatbestände erfüllen – ohnehin auf diese Weise belangt. Es sei hier beispielsweise die Anwendung des Pyrotechnikgesetzes am Fußballplatz nicht weiter diskutiert. Was viel mehr interessiert ist die Frage nach der Intention doppelter Bestrafung im Sinne von Stadionverboten. Die Antwort lautet: Fanatismus. Wird im Alltag eine gefährliche Zusammenrottung durch einfache Gesten schnell zerstäubt, ist dies in der Kurve aufgrund gemeinsamer Werte und der Liebe zu Verein, Szene, Gruppe und dem engsten sozialen Umfeld deutlich schwieriger. Gemeinsame Proteste und der kollektive Widerstand gegen als repressiv empfundene Verordnungen haben die Ultra-Bewegung zu einem relevanten gesellschaftlichen Player reifen lassen, dessen energetische Kraft er aus dem oben angesprochenen Fanatismus bezieht. Stadionverbote sollen diesen Fanatismus töten, indem die Plattform zur Ausübung des Selbigen per Verordnung genommen wird. Slogans wie „Ausgesperrte mit uns“ oder „Solidarität mit den Verbannten“ beweisen aber, die Bewegung lebt und Ultra ist eine Frage des Herzens, unabhängig von externen (repressiven) Faktoren.

Diese Erkenntnis ließ auch von Seiten der Exekutive nicht lange auf sich warten und so richtet sich der Fokus der Bestrafung zukünftig vermehrt auf ganze Gruppen oder Kurven. Der Ausrottung von Fanatismus konnte die Ultra-Bewegung mit Solidarität entgegnen, Kollektivstrafen sollen nun eben diese schwächen!
Beispiele für eine solche Entwicklung, in Fachkreisen als „Evolution der Repression“ bekannt, finden sich in den Stadionsperren nach den Vorfällen in Catania oder im Verbot der Schickeria München nach den Ereignissen auf einer Raststation. Ähnliches gilt für Hausverbote gegen ganze Gruppen in Salzburg (mit der feindlichern Übernahme durch Red Bull) und Ried.

Daher:

110 % gegen jede Form von Stadionverboten, Hausverboten oder Kollektivstrafen!

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